Hausarbeiten und Referate in den Lehramtsfächern Geographie und Germanistik
 
  Home
  Kontakt
  Counter
  Germanistik
  => Bibliographie zu bürgerlichem Trauerspiel
  => Sturm und Drang
  => Die Politik des Marquis Posa in Schillers "Don Carlos"
  => Literarische Onomastik
  => Der Biberpelz im SST
  => Mathilde Möhring
  => Kreatives Schreiben
  => unregelmäßigeVerben
  => Die Große Wende (Preukert)
  Geographie
  Erziehungswissenschaften
  nützliche Seiten im Netz
  Gästebuch
  Wie nützlich findest du diese Homepage
Der Biberpelz im SST

Inhaltsverzeichnis

 

Inhaltsverzeichnis……………………………………………………………………………….S.1

 

1. Der Naturalismus im Biberpelz…………………………………………………………...…S.2

2. „Der Rote Hahn“ – Fortsetzung von „Der Biberpelz“……………………………….....….S.3

3. Der Biberpelz und das Saarländische Staatstheater

3.1 Veränderungen des Hauptmann-Textes durch das SST und Intertextualität…..S.4

3.2 Der Charakter der Mutter Wolffen……………………………………………......S.7

3.3 räumliche Aufteilung der Inszenierung des SST………………………………….S.9

3.4 gleiche Faktoren der Stücke „Der Biberpelz“ und „Der Rote Hahn“……….…..S.9

4. „Biberpelz und Roter Hahn“ von Berthold Brecht………………………………………..S.10

5. Theater und Schule

5. 1 Dramatische Begriffsbildung im Deutschunterricht durch Theaterbesuche…..S.11

5.2 Theaterbesuche als Interpretationshilfe……………………………………….….S.11

5.3 Theaterbesuch als Erfahrung der Dramenbestimmung…………………………S.13

5.4  Der Biberpelz im Schultheater………………………………………………..…..S.13

5. 5 Behandlung eines Stücks in der Schule……………………………………..……S.14

5.6 Empfehlung für Zeitpunkt des Theaterbesuches………………………..……….S.15

 

Literatur…………………………………………………………………………S.16

 

 

 

 

 

1. Der Naturalismus im Biberpelz

 

Der Naturalismus orientiert sich an der Theorie von Hippolyte Taines, nach welcher die Umweltfaktoren (milieu, race und temps) entscheidende Auswirkungen auf die Entwicklung eines Menschen haben und diesen und dessen Lebensweg so zu sagen vorbestimmen. Es entsteht eine Theorie des Determinismus, welche sich im aufkommenden Sozialismus auf Grund des sich ausweitenden Arbeiterproletariats immer weiter manifestiert[1]. Diese Grundhaltung zu beleuchten ist eines der wichtigsten Merkmale des Naturalismus, denn dieser fordert die Darstellung der sozialen Determination[2].

Einige naturalistische  Merkmale lassen sich auch im Biberpelz, der erfolgreichsten deutschen naturalistischen Komödie[3] finden, so zum Beispiel macht die getreue Nachzeichnung des Milieus es dem Zuschauer  möglich sich in die Lebenssituation der Figuren hinein zu fühlen. Hierzu ist eine Übernahme des Dialektes hinein in das Stück essentiell[4].

Im Biberpelz ist der Dialekt der Mark Brandenburg und Berlins zu erkennen. In der Hauptgestalt der Mutter Wolffen ist zusätzlich eine schlesische Dialektfärbung zu erkennen, welche mit den Dialekten Berlins und der Mark Brandenburgs verschmilzt[5].

 

Auch die detaillierten Regieanweisungen  im Biberpelz sind typisch für naturalistische Werke. Ausführliche Personen- und Raumbeschreibungen sind ebenso charakteristisch[6].

Naturalistische Werke weisen auf soziale Missstände hin und nehmen somit Partei in Bezug auf  die sozialen Auseinandersetzungen der Zeit[7]. Ein weiteres naturalistisches Werk Hauptmanns, das sich mit sozialen Missständen beschäftigt, ist „Die Weber“, das etwa zeitgleich  entstand und als naturalistisches Hauptwerk gilt.

 

Der Biberpelz von Gerhard Hauptmann ist wie bereits gesagt zwar eine naturalistische Komödie, weicht jedoch in einigen Punkten von der Norm des Naturalismus ab. Insbesondere die Hauptfigur des Stücks, Mutter Wolffen ergibt sich nicht der Bestimmtheit des Milieus sondern versucht ihren eigenen Weg zu gehen und ihre Situation positiv zu verändern. Sie kämpft um eine bessere Rangstellung in der Klassengesellschaft des späten 19. Jahrhunderts und setzt um dies zu erreichen ihre Intelligenz manipulativ ein[8]. („Unter achtzehn is nich. Nich unter achtzehn, hat Julian gesagt. Mit sechzehn Mark dar ich dem nich erscht kommen. Wenn der sich aso was in a Kopp setzt…“ [9])

 

 

 

2. „Der Rote Hahn“ – Fortsetzung von „Der Biberpelz“

 

Bereits bei der Veröffentlichung des Biberpelzes wurde von den Kritikern ein offenes Ende des Stücks bemängelt. Bei der Uraufführung der Komödie soll das Publikum nach Ende des Stückes, dem vierten Akt sitzen geblieben sein, da die Zuschauer mit einem fünften Akt rechneten, der eine Bestrafung der Verbrecherin beinhalten sollte. Eine Nichtbestrafung der Diebin war für die Zuschauer der damaligen Zeit unbefriedigend.  Das Stück, bzw. dessen Ausgang verstieß gegen die damaligen Moralvorstellungen, da es keine Aufklärung der Verbrechen gibt, bzw. auch im Stück hierauf nicht hingewiesen wird.[10]

Hauptmann nutzte  wenige Jahre später diesen offenen Schluss um dem Biberpelz eine Fortsetzung im Roten Hahn zukommen zu lassen. Diese Fortsetzung konnte jedoch nie an den Erfolg des Biberpelz anknüpfen[11]. Oftmals wurde das Fortsetzungsstück als schwächelnde Tragikomödie bezeichnet[12].

 

 

 

 

3. Der Biberpelz und das Saarländische Staatstheater

 

3.1 Veränderungen des Hauptmann-Textes durch das SST und Intertextualität

 

In der Strich- und Bühnenfassung des Saarländischen Staatstheaters wurden einige einschneidende Veränderungen der Originalfassung von Hauptmanns Biberpelz vorgenommen. An dieser Stelle sollen die Veränderungen behandelt werden, die für das Stück einschneidende Konsequenzen  im Handlungsverlauf, bzw. in der Dramatik haben.

Die von Hauptmann gesetzte Jahreszeit Winter soll im Originaltext die Not der Menschen verdeutlichen[13] und so die begangenen Verbrechen und Gaunereien bedingen und gleichzeitig aus demselben Grund verständlich machen, denn nur so kann der Rezipient ein Gefühl für den  harten Lebenskampf der Proletarier entwickeln. („Denn sitz ick im Eise mit mein Kahn und hebbe die Dinger uff´m Halse.[14]) Aus diesem Grund ist die winterliche Kälte ein wichtiges dramaturgisches Merkmal dieser Komödie[15] („Det is…bei die Kälte – is det all  - janz  gut.“)[16]. In der Fassung des Saarländischen Staatstheaters ist es  jedoch so, dass dem Zuschauer in keinster Weise eine winterliche Atmosphäre vermittelt wird. Die Schauspieler tragen Miniröcke und andere leichte Kleidung. Dies bedeutet, dass es dem Rezipienten durch die Wegnahme dieses dramaturgischen Elementes erschwert wird sich in die Not der Proletarier einzufühlen, die einen Teil der Gaunereien gerade im Winter bedingt. Das Brennholz ist im Winter um einiges essentieller als zu jeder anderen Jahreszeit, da außer zum Kochen auch zum Heizen verwandt („…schind´st du meine Kinder, da nehm´ich die Holz.Und morgen brauchste nich in a Wald, da hab´n mer Holz, mehr wie mer brauchen.“[17]). Und gerade der gestohlene Biberpelz wird ja erst im Winter dem Spreeschiffer eine Erleichterung für sein Rheumaleiden sein, das er zu anderen Jahreszeiten bedeutend weniger verspürt. („Wat hebb ick heute? ´t Reißen hebb´ick…Ick  will mir schon viele Jahre´n Pelz koofen, det hebben mir alle Dokters jeraten, weil det ick so leidenschaftlich bin.“[18]) Durch die Wegnahme des Winters aus dem Stück wird meiner Meinung nach der Zuschauer ein Stück seiner Durchsicht beraubt, da ihm ohne die lebensfeindliche Natur des Winters ein Grossteil der Motivation zu den Diebstählen verborgen bleibt, bzw. die Diebstähle weniger entschuldbar werden. 

 

Die Strichfassung des Saarländischen Staatstheaters lässt den Biberpelz mit Teilen des Fortsetzungsstückes „Der Rote Hahn“ verschmelzen. Es entsteht Intertextualität bei der es sich um eine Einzeltextreferenz handelt, da bei der Strichfassung des SST verschiedene Elemente des Hauptmann-Stückes „Der Rote Hahn“ eingeflossen sind.

Das Fortsetzungsstück zum Biberpelz, „Der Rote Hahn“ wird eingeleitet mit einer Anstiftung zur Brandstiftung. Frau Wolffen, nun Frau Fielitz ließ sich inspirieren von einem Versicherungsbetrug in der Dorfgemeinde. Hier brannte ein Bürger sein Haus nieder um mit der von der Versicherung kassierten Prämie neu anfangen zu können[19].  („Grabow hat wieder uffgebaut. Hätt a sich halt kee Herze gefasst, da läg a halt längst uff der Straße draußen.“[20]) Das gleiche hat nun auch Frau Fielitz ins Auge gefasst. Der Neuaufbau würde für die Familie eine Verbesserung der Lebensqualität bedeuten und somit einem gesellschaftlichen Aufstieg den Weg bereiten. Dieser persönliche Aufstieg ginge jedoch auf Kosten anderer.

In der Fassung des Saarländischen Staatstheaters fließt dieses Motiv der Brandstiftung mit Versicherungsbetrug in das Schauspiel ein. Direkt im ersten Akt wird der Zuschauer mit einer Mutter Wolffen konfrontiert, die versucht ihren Mann Julius Wolff von dieser Möglichkeit der sozialen Verbesserung zu überzeugen. Während diesen Überzeugungsversuchen wird die Wolffen regelrecht manisch und steigert sich in das Vorhaben hinein („Bis hier her kommen die Hubelspäne. Dann tu se hier mittenrein a Licht machen. Und wen se das Licht nun han angezind´t -  da stellt ma´s mitten nei eis Kistel…..so mitten ins alte Gerimpel nein, dann reist eens geruhig nach Berlin, und wenn ma zurückkommt…..Und richtig Petroljum mang jejossen. Mir sein mit Siebentausend versichert. Grabow hat wider uffgebaut.“[21]). Das Vorhaben trifft bei ihrem Mann zunächst auf Widerspruch, scheint dann aber überzeugend zu sein. Am Ende der Szene verweigert Julis Wolff seiner Frau jedoch die Mittäterschaft („Ick jebe da meine Hand nich zu.“)[22], was diese wütend und aggressiv werden lässt.

Für den Zuschauer bedeutet dieser Einstieg in das Schauspiel eine (unvollständige) Charakterisierung der Hauptfigur Mutter Wolffen. Der Zuschauer erlebt die Figur als unter manischen Zwängen stehende Frau, die selbst vor der Vernichtung des eigenen Heims, der eigenen Existenz kein Halt macht um ihrem Ziel, dem sozialen Aufstieg ein wenig näher zu sein.

Der Einbezug dieser Szene aus „Der Rote Hahn“ in den „Biberpelz“ erweitert und verändert nicht nur in erster Linie das Stück, sondern insbesondere die Hauptfigur der Mutter Wolffen. Grund hierfür ist, dass die Figur durch diese Tat aus einer anderen Perspektive wahrgenommen wird. Die Gaunereien im Biberpelz (Rehbock, Holz, Biberpelz), dienen vornehmlich dazu, den Lebensstand der Familie etwas aufzupolieren und scheinen natürlicher Anspruch zu sein, denn bei den gestohlenen Gütern handelt es sich um Dinge, die aus dem Großbereich Natur kommen und ursprünglich jedem zustanden[23].

Im Roten Hahn ist es allerdings so, dass die Brandstiftung der Fielitz aus reiner Profitgier und Wohlstandsdenken her rührt. Da nun Ehefrau eines Schusters gehört sie nun dem vorher erstrebten Kleinbürgertum an. Doch kann sie nicht aufhören nach einem Weiterkommen zu streben[24] (Ja, wem erst ma´t Wasser bis hierhe steht, ick meene: bis oben an Halse ruff, denn mag det ja woll ooch´n ander Ding  sind.“)[25].

Somit stehen den beiden Stücken unterschiedliche Ausgangssituationen zu Grunde.

Mit der Verschmelzung der beiden Stücke in der Strichfassung des SST, verliert der Charakter der Mutter Wolffen an Sympathie, da das eingebrachte Motiv eine andere Person aus der Figur macht. Die Figur ist nun weniger durch den Trieb geprägt[26] die Familie und sich selbst „gut über die Runden“ kommen zu lassen, als von Profitgier und Wohlstandstrieb[27], welches eine charakterliche Schwäche darstellt.

Die Brandstiftung und der Versicherungsbetrug sind zu bestrafende Verbrechen in großem Stil, welche auch beim heutigen Publikum den Wunsch nach Bestrafung auslösen. Die anderen Vergehen der Mutter Wolffen werden als Gaunereien wahrgenommen. Diese sind zwar ebenfalls gegen die allgemeine Moral und das Gesetz, werden aber auf Grund der Motivation ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen[28] als minder schwer angesehen[29]. Diese Motivation reicht jedoch als Entschuldigung für  Brandstiftung und Versicherungsbetrug nicht aus.

Aus diesem Grund wird der Zuschauer der Fassung des Saarländischen Staatstheaters von Anfang an mit einer Mutter Wolffen konfrontiert für die es schwer fällt Sympathien zu entwickeln. All ihr Handeln wird von Anbeginn einem kritischen Blick unterzogen und stark moralisch  gewertet.

In der Fassung von Brechts „Biberpelz und Roter Hahn“ findet bekanntlich auch eine Verschmelzung der beiden Stücke statt, jedoch ist es so, dass die Verbrechen der Mutter Wollfen zunächst in der Reihenfolge geschildert werden, wie sie auch im Biberpelz auftreten und dann am Schluss als Steigerung das große Verbrechen, die Brandstiftung steht. Hier fällt es dem Publikum zwar auch schwer der bereits „ins Herz geschlossenen Gaunerin ein Verbrechen nach[zu]sehen, das andere Menschen tief schädigt“[30], jedoch hat  die Figur der Mutter Wolffen bis zu dem Punkt des Bekanntwerdens ihres Vorhabens bereits einige Sympathiepunkte gesammelt. Dieser Umstand macht Nachsicht überhaupt erst möglich.

In der Fassung des Saarländischen Staatstheaters wird der Zuschauer jedoch direkt mit einer Figur konfrontiert die eiskalt und berechnend erscheint, ohne dass sie zuvor die Möglichkeit gehabt hätte Sympathiepunkte für sich zu sammeln. Hierdurch wird es dem Publikum kaum möglich gemacht der Mutter Wolffen zu verzeihen, bzw. Verständnis für sie aufzubringen. In diesem Fall kann die Konsequenz lediglich eine Verurteilung der Verbrecherin zur Folge haben.

 

 

 

3.2 Der Charakter der Mutter Wolffen

 

Nur dem Zuschauer und den Involvierten, also der Familie Wolff und dem Spreeschiffer Wulkow ist bekannt, dass die Mutter Wolffen die Gaunereien tatsächlich begangen hat. Diese Personen kennen die Frau als berechnende Täterin. Andere Mitglieder der Gesellschaft nehmen die Mutter Wolffen jedoch als gesetzestreue Bürgerin war, die gar um Mithilfe bei der Aufklärung der  von ihr selbst begangener Verbrechen gebeten wird („Die Wolffen kann ja mal´n bisschen rumhören.“)[31]. Hier wird für den Zuschauer die Scheinheiligkeit, bzw. Scheinhaftigkeit des menschlichen Verhaltens in Form der Mutter Wolffen sichtbar[32].  Sie ist ein Mensch der, wenn es ihm nützt, sich auf unterschiedliche Gegebenheiten schnell einstellen kann ohne sein eigentliches Ziel aus den Augen zu verlieren[33].                  

Bei der Uraufführung, ebenso im weiteren Aufführungsverlauf wird die Mutter Wolffen von den Kritikern als „ebenso ermüdend wie widerlich“[34] empfunden. Diese Widerlichkeit wird in der Aufführung des Saarländischen Staatstheaters durch verschiedene eingeflochtene Handlungsstränge hervorgerufen. So zum Beispiel durch die sexuelle Befriedigung ihres Mannes als Mittel der Manipulation auf der Bühne. Im Originalstück geschieht diese Manipulation auch, aber mit Hilfe von Schnaps[35] („Ich will amal gutt sein, paß amal uff! … Siehste, das hab ´ich der mitgebracht …Na, siehste woll! Sorg´ich nu etwa fer dich?“)[36]

Die Wolffen erscheint in der Originalfassung als positive Heldin, da sie trotz ihrer Gaunereien sympathisch ist und die Schwächen der wilhelminischen Gesellschaft aufzeigt. Insbesondere ihre Gegenspielerposition  zum politisch verbohrten  Amtsvorsteher  Wehrhahn, der einen politischen Feldzug zu führen versucht, lässt sie im Vergleich zu ihm positiv erscheinen und den Zuschauer mit ihr sympathisieren, obwohl der Zuschauer  die begangenen Verbrechen nicht gut heißen können[37]. So zeigt die gerissene Diebin die doppelte Moral  der Gesellschaft auf[38].

In der Fassung des Saarländischen Staatstheaters geht Mutter Wolffen meiner Meinung nach aus unter Punkt 3.1 genannten Gründen ein Großteil ihrer Sympathie verloren.

 

 

 

 

3.3 räumliche Aufteilung der Inszenierung des SST

 

Wie auch in der schriftlichen Fassung der Komödie von Hauptmann sind die Amtsstube Wehrhahns und die Wohnküche der Familie Wolff „alternierende Zentren der Bewegung“[39]. Zwischen diesen beiden Orten scheinen die Figuren des Stücks hin und her zu pendeln, welches sich noch genauer auf die Akte ausweitet. In der Fassung des Saarländischen Staatstheaters  kommt jedoch hinzu, dass die Figuren die gerade nicht in irgendeiner Form in Aktion sind, derweil in drei angelegten Warteräumen die Spielzeit überbrücken bis sie erneut in das Handlungsgeschehen verwoben werden.

So sind auf der Bühne gleichzeitig 5 Räume zu beobachten: die beiden Haupträume der Wohnküche und des Amtszimmers nebeneinander in etwa derselben Größe und drei unterschiedlich große Wartezimmer in denen keine Handlung stattfindet.

Mit der Thematik der Raumaufteilung in Text und Theater beschäftigen sich Mitstudenten intensiver, sodass ich an dieser Stelle lediglich darauf verweisen möchte.

 

 

3.4 gleiche Faktoren der Stücke „Der Biberpelz“ und „Der Rote Hahn“

 

In beiden Stücken zeichnet sich die stark kalkulatorische Wolffen/ Fielitz dadurch aus, dass sie in der ehelichen Beziehung  den aktiv handelnden Part übernimmt, während sich ihre Männer durch Langatmigkeit und Passivität auszeichnen („Du bist a zu langsamer Mensch, Julian… Wenn du bloß meine Temperatur hätt´st!“)[40]. In beiden Stücken triumphiert sie über ihre Männer, indem sie ihnen ihren Willen aufzwingt (Biberpelz: z. B. Verkauf des Rehbocks, Behandlung der Töchter; Roter Hahn: Brandstiftung). Beide Männer sind nur Objekte im Spiel ihrer Frau und besetzen Nebenrollen, sowohl im Stück, als auch im Leben der jeweiligen Familie. Mutter Wolffen/  Frau Fielitz benutzt lediglich ihre Männer um an gesteckte Ziele zu gelangen.

 

Die eigentlichen Vergehen von Mutter Wolffen bleiben von der jeweiligen Darstellung ausgespart[41].

In beiden Stücken kommt es nicht zu einer offiziellen Entlarvung der Täterin. Frau Fielitz stirbt im Roten Hahn als juristisch unbeschriebenes Blatt. Ihre Vergehen bleiben unentdeckt und ungesühnt[42] („…die Wolffen ist eine ehrliche Haut…“)[43].

 

 

 

4. „Biberpelz und Roter Hahn“ von Berthold Brecht

 

Auch Bertolt Brecht konzipierte ein Doppeldrama, welches sich aus dem Biberpelz und dem Roten Hahn zusammensetzt und aus sechs Akten besteht. Dieser Dramentext wurde eigens für das Berliner Theaterensemble geschrieben, jedoch nur wenige  Male zur Aufführung gebracht, da die Hauptmannerben nach Sichtung des Schauspiels die zuvor gegebene Zustimmung zurückzogen. Grund hierfür war, dass Brecht das nun geänderte Stück dazu missbrauchte, die „Bürger des neu gegründeten Arbeiter- und Bauernstaates … unter sozialistischem Blickwinkel mit der deutschen Schriftkultur“ [44] zu konfrontieren.

Das umgeschriebene Stück fand  niemals Eingang in die Gesammelten Werke, Anmerkungen hierzu wurden lediglich in einer autorisierten Ausgabe abgedruckt. Somit habe laut Oberembt[45] Brechts Neufassung niemals einen höheren Stellenwert besessen, als jede andere Inszenierung auch.

 

 

 

 

 

 

 

5. Theater und Schule

 

5. 1 Dramatische Begriffsbildung im Deutschunterricht durch Theaterbesuche

 

Studien zeigen, dass viele Schüler mit den Begriffen Drama und Theater negative Emotionen verbinden, dies trifft insbesondere auf Schüler der Sekundarstufe 1 zu. Franz-Josef Payerhuber geht davon aus, dass dies mit der unzureichenden Begriffsbildung im Deutschunterricht Hand in Hand geht[46]. Begriffsbildung geschieht durch Aufbau und Erarbeitung des Begriffsinhaltes. Dies soll Aufgabe des Deutschunterrichtes sein, in dem den Schülern Gegenstand und Begriff des Dramas und des Theater näher gebracht werden sollen[47].

Um den Schülern eine Annäherung an Theater, Drama und Komödie zu ermöglichen ist eine aktive Konfrontation hiermit erforderlich. Innerhalb der Schulzeit müssen die Schüler mit mehreren unterschiedlichen Stücken konfrontiert werden[48]. Nur hierdurch lässt sich eine tief greifende Begriffsbildung erzielen.  

Auch hier kann „Der Biberpelz“ dem Unterricht dienlich sein. Das Stück weist eine Vielzahl der Merkmale eines Dramas, bzw. einer Komödie  auf. Aus diesem Grund kann der Biberpelz zum einen als Beispiel des Naturalismus vorgezeigt werden, zum anderen auch als Beispiel für ein Theaterstück, in diesem Fall für eine Komödie.

Der Besuch einer Inszenierung des Stückes „Der Biberpelz“ kann somit in vielerlei Hinsicht als nützlich angesehen werden.

 

 

 

5.2 Theaterbesuche als Interpretationshilfe

 

Neben der reinen Textstudie und -Interpretation haben Schulklassen die Möglichkeit ein Werk in szenischer Aufführung im Theater zu besuchen. Durch diese doppelte Begegnungsweise lernt der Schuler meistens zwei verschiedene Interpretationsansätze kennen, welche zwei verschiedene Gestaltungen ein und desselben Werkes sind[49]. Hierdurch lernt der Schüler, dass es verschiedene Arten der Drameninterpretation gibt. Bühnenrealisierungen weichen in der Regel von der rein literarischen Deutung des Textes ab.

Neben der Behandlung von Dramen und Komödien im Unterricht ist die Konfrontation im Theater  die beste Möglichkeit den Schüler mit einem weiteren Interpretationsansatz vertraut zu machen.

Viele Menschen sind nach einem Theaterbesuch enttäuscht, wenn sie zuvor das Stück selbst gelesen oder eine Aufführung eines anderen Ensembles besucht haben. Um dies zu verhindern ist es notwendig, dass die Schüler bereits im Unterricht lernen, dass eine Aufführung einer persönlichen Interpretation des Dramaturgen oder Regisseurs gleich kommt und somit in mehr oder minder erheblichen Maße von der eigenen Interpretation oder der im Unterricht gewonnenen abweichen kann[50].

Dieses Wissen muss der Schüler vor einer Theateraufführung erlangen, wenn es auch nicht notwendig ist vorab haargenau zu klären wo die werksgetreue Umsetzung aufhört und  die persönliche Interpretation des Dramaturgen beginnt[51]. Dies herauszufinden kann vielmehr Aufgabe der Schüler während und nach der Inszenierung sein.

Die kritische Auseinandersetzung mit der Interpretation des Theaters muss unbedingt auf den Theaterbesuch folgen. Die Schüler sind nach Sichtung des Spiels häufig mit Fragen überhäuft die es zu klären, bzw. zu besprechen gilt[52].

Hilfestellung hierzu können Gespräche mit Dramaturg/ Regisseur bieten. Auch Interviews mit Schauspieler oder Bühnenbildner können gewiss helfen die eine oder andere Frage zu klären.

Auch Einblicke in Regiebücher oder Strichfassungen helfen den Schülern die Genese der Inszenierung zu erkennen um so Rückschlüsse auf die Interpretation und die letztendliche Umsetzung zu gewinnen[53].

 

 

 

5.3 Theaterbesuch als Erfahrung der Dramenbestimmung

 

Durch Rede und Spiel auf der Bühne wird das Drama für den Schüler lebendig. Im Theater ist der Erfahrungsgewinn somit am intensivsten[54].

Der Schüler kann durch den Besuch einer Inszenierung  selbst die ursprüngliche Bestimmung des Dramas, nämlich die Aufführung auf einer Bühne erfahren[55]. Hierdurch wird dem Schüler das komplexe System zwischen Text und Bühne ersichtlich und der Schüler gewinnt an Wissen und Empathiefähigkeit

Auch bei der Aufführung von „Der Biberpelz“ ist Einfühlung in die Figuren nötig um den Gang der Handlung und insbesondere die Motivation der Figuren verstehen zu können.

Während der Vorstellung kann bereits erworbenes Wissen über Formalitäten des Dramas/ der Komödie und des Theaters im Allgemeinen aktiviert und gefestigt werden.

 

 

5.4  Der Biberpelz im Schultheater

 

Das Stück „Der Biberpelz“ ist mit Sicherheit auf Grund seiner Beispielhaftigkeit für ein naturalistisches Bühnenwerk gut dazu geeignet von Schülern im Schultheater aufgeführt zu werden[56]. Bereits in den 60er und 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts bei Schüleraufführungen beliebt spricht auch heute nichts dagegen die Schüler mit Hilfe des Spiels das Stück und dem Theater näher zu bringen. Schüler hätten so die Möglichkeit zu erkennen, welchen Entwicklungsprozess eine Komödie oder ein Drama vom geschriebenen Text bis zur fertigen Aufführung durchmacht. Den Schülern wird durch das Theaterspiel die Möglichkeit gegeben sich intensiver und lebendiger mit dem Text zu beschäftigen. Durch das Spiel kann eine höhere Identifikation mit den Figuren erreicht werden.

Mitarbeit an Schultheateraufführungen wirkt sich laut Studie positiv auf die Einstellung des Schülers zum Drama aus[57], was für eine weiter reichende Verknüpfung zwischen Dramenunterricht, Theaterbesuch und Schultheater spricht.

 

 

 

5. 5 Behandlung eines Stücks in der Schule

 

Die Schüler haben mit Hilfe der Schule gleich dreifach die  Möglichkeit einem  Werk zu begegnen: im Literaturunterricht, der sich mit der Interpretation des literarischen Textes beschäftigt; beim Theaterbesuch, der den Schülern heutzutage häufig eine abgewandelte Version des Werkes zeigt, oftmals gar in das Licht der heutigen Zeit gerückt und drittens die persönlichste aller Begegnungen: das eigene Spiel im Schultheater  mit der dort aufgeführten Interpretation[58].

Mitarbeit an Schultheateraufführungen wirkt sich laut Studie positiv auf die Einstellung des Schülers zum Drama aus[59], was für eine weiter reichende Verknüpfung zwischen Dramenunterricht, Theaterbesuch und Schultheater spricht.

Befragungen haben allerdings gezeigt, dass solche Wechselbeziehungen innerhalb des schulischen Rahmens eher eine Ausnahme darstellen. Meist beschränkt sich der Literaturunterricht allerdings auf den literarischen Text und lässt weitere Erschließung der theatralischen Dimensionen zu kurz kommen[60].

Der Literaturunterricht setzt hier auf die Vorstellungskraft der jungen Leser und deren Imaginationsfähigkeit auf einer s. g. `inneren Bühne´.  Damit dem Schüler die Übertragung des gelesenen Textes auf ein Spiel vor dem inneren Auge jedoch gelingt, ist es notwendig, dass der Schüler die Fähigkeit hierzu erlernt. Dies ist Aufgabe des Deutschunterrichts und funktioniert nicht ohne gelegentlichen Theaterbesuch[61] und wenigstens szenenweises  Theaterspiel im Unterricht[62].

 

 

 

5.6 Empfehlung für Zeitpunkt des Theaterbesuches

 

Um die Schüler der Sekundarstufe 1 für eine anstehende Klassenarbeit, die das literarische Werk zum Inhalt hat nicht zu verwirren, empfehle ich einen Theaterbesuch nach der Klassenarbeit durchzuführen.

In den Altersstufen der Sekundarstufe 1 ist es für Schülerinnen und Schüler meiner Ansicht nach schwierig den im Unterricht erarbeiteten Text nicht mit dem gesehenen Spiel vermischen zu lassen. Auch die Gefahr, dass das gesehene Spiel den gelesenen Text überlagert kann bestehen. Dies begründet sich darin, dass während der Pubertät das Gehirn in einer Umstrukturierungsphase ist, in der es dem Menschen schwer fällt Gesehenes, bzw. Erlebtes richtig zuzuordnen.

Diese Empfehlung gilt natürlich nur für die Aufführungen die inhaltlich  nicht deckend sind mit dem gelesenen Text. Somit gilt diese Empfehlung auch für die Komödie „Der Biberpelz“, denn Hauptmanns Dramentext und die Interpretation des Saarländischen Staatstheaters sind inhaltlich nicht kongruent. Aus diesem Grund empfehle ich den Theaterbesuch in dieser Altersstufe erst nach der Klassenarbeit abzuhalten.

Außerdem ist es erforderlich, dass die Schüler vor der Sichtung einer Theateraufführung lernen, dass eine Aufführung im Theater einer persönlichen Interpretation des Dramaturgen oder Regisseurs gleich kommt und somit in mehr oder minder erheblichen Maße von der eigenen Interpretation oder der im Unterricht gewonnenen abweichen kann[63].  Dies ist notwendig, damit der Schüler nicht vom Besuch der Inszenierung enttäuscht ist, da diese nicht mit seiner Erwartung deckend ist. Ohne Klärung dieses Umstandes kann es bei einem unvorbereiteten Schüler leicht dazu kommen, dass seine persönliche Einstellung zu Theater und Inszenierung negativ wird.

 

 

 

 

 

 

 

Literatur

 

Hauptmann 1, Gerhart: Der Biberpelz. Eine Diebskomödie. Mit Materialien neu zusammengestellt von Marcus Schlütter, Frankfurt/ Berlin 2004.

 

Hauptmann 2, Gerhart: Der Biberpelz. Eine Diebskomödie. Fassung für das Saarländische Staatstheater von Wolfgang Apprich, August 2006.

 

Hoefert, Sigfried: Das Drama des Naturalismus - 4., überarb. und erg. Auflage, Stuttgart 1993.

 

Oberembt, Gert: Gerhart Hauptman, Der Biberpelz. Eine naturalistische Komödie, Paderborn 1987.

 

Payerhuber, Franz-Josef: Das Drama im Unterricht. In: Schriften zur Deutsch-Didaktik, Saarbrücken 1991.

 

Sprengel 1,  Peter: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1870 – 1900, München 1998.

 

Sprengel 2, Peter: Die Wirklichkeit der Mythen-Untersuchungen zum Werk G. Hauptmanns anhand des handschriftlichen Nachlasses, Berlin 1982.

 

Trautwein, Wolfgang: Der Biberpelz. Eine Komödie im Naturalismus. In: Dramen des Naturalismus, Stuttgart 1988.

 

 

 



[1] Hoefert, S. 2

[2] Oberembt, S. 38

[3] Sprengel 1, S. 504

[4] Hoefert, S. 22

[5] Hoefert, S. 26; Trautwein, S. 204

[6] Sprengel 1, S. 497

[7] Sprengel 1, S. 498

[8] Trautwein 180ff

[9] Hauptmann, S. 18

[10] Sprengel 1, S. 505

[11] Sprengel 2, S. 177

[12] Hoefert, S. 27

[13] Oberembt, S. 44

[14] Hauptmann, S. 16

[15] Oberembt, S. 42

[16] Hauptmann 1, S. 25

[17] Hauptmann 1, S. 27

[18] Hauptmann 1, S. 18

[19] Oberembt, S. 154

[20] Hauptmann 2, S. 2

[21] Hauptmann 2, S. 7

[22] Hauptmann 2, S. 2

[23] Trautwein, S. 207; Sprengel 1, S. 506; Sprengel 2, S. 178

[24] Trautwein, S. 209

[25] Hauptmann 2, S. 14

[26] Trautwein, S. 209

[27] Trautwein, S. 209

[28] Trautwein, S. 181

[29] Trautwein, S. 186

[30] Oberembt, S. 174

[31] Hauptmann 1, S. 75

[32] Oberembt, S. 155

[33] Trautwein, S. 180f

[34] Oberembt, S. 156

[35] Trautwein, S. 196

[36] Hauptmann 1, S. 25

[37] Sprengel 1, S. 506

[38] Sprengel 1, S. 505f

[39] Oberembt, S. 39

[40] Hauptmann 1, S. 26

[41] Trautwein, S. 194

[42] Trautwein, S. 200

[43] Hauptmann 1, S. 76

[44] Oberembt, S. 174

[45] Oberembt, S. 173

[46] Payerhuber, S. 53

[47] Payerhuber, S. 53f

[48] Payerhuber, S. 54

[49] Payerhuber, S. 71

[50] Payerhuber, S. 78f

[51] Payerhuber, S. 79

[52] Payerhuber, S. 80f

[53] Payerhuber, S. 81

[54] Payerhuber, S. 58

[55] Payerhuber, S. 62

[56] Oberembt, S. 171

[57] Payerhuber, S. 72

[58] Payerhuber, S. 71

[59] Payerhuber, S. 72

[60] Payerhuber, S. 74

[61] Payerhuber, S. 76

[62] Payerhuber, S. 77

[63] Payerhuber, S. 78f

 
   
Insgesamt hatten wir 17672 Besucherdie wieder kommen möchten!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden