WS 05/ 06
Datum: 20.01.06
Kreatives Schreiben zu Bildern
Referat von:
Julia Blass, Jenny Chouteau,
Angela Halfar, Anika König
1. Was passiert mit uns beim kreativen Schreiben?
- bei Wahrnehmung eines Bildes filtern wir durch unser Interesse, unsere Erfahrungen, unsere Werte, unsere Normen und Interpretationsmuster
- wir ordnen und klassifizieren was unserem Interesse entspricht
- wir achten auf Körpersprache, Mimik und Gestik. Sitzhaltung und die Semiotik des Raumes sind von Bedeutung
- wir werten Personen anhand ihrer äußeren Merkmale
- jeder Schreiber entwickelt unterschiedliche Verläufe des Betrachtens
- es gibt keine allgemein verbindliche Sicht
- Betrachtung ist ein komplexer Wahrnehmungsprozess
- somit keine allgemeingültige Beschreibung und Empfindung zu erwarten
- Schreiben zu Bildern kann im Extremfall einer psychologischen Untersuchung gleich kommen
- weniger Bildinhalte als Bildaussagen werden vom Schüler gedeutet
- In welchen Zusammenhang ist Bild gebettet? (Bsp: Film)
- Überschrift, ja/nein? à Überschrift drängt in eine Richtung
2. Wie soll ein fertiggestellter Text beschaffen sein?
- er soll zur Thematik des Bildimpulses passen
- die Vorlage zum Text soll identifizierbar sein
- er soll die Phantasie anregen und eigene Phantasien widerspiegeln
3. Die Bilder zum Sprechen bringen
- wie bekomme ich einen Zugang zum Bild?
1. Begegnung mit den Bildern
- Kunst:
ð kann Aufmerksamkeit wecken
ð verlangt den verlangsamten Blick
ð fordert auf, sich Gedanken zu machen
ð fordert auf, im Fremden das Fremde zu erkennen und das Eigene zu suchen
- durch das Schreiben zu Bildern kann Intensität und Anwesenheit gewonnen
werden
2. Über das Gesehene sprechen
- Menschendarstellungen und Landschaftsdarstellungen eignen sich besonders gut
- Entdeckungen sollen beschrieben werden (an der Bildoberfläche)
- der Betrachter soll sich mit seiner Phantasie und der Phantasie des Künstlers auseinander setzen
3. Mit dem Schreiben beginnen
- im Prozess der Auseinandersetzung mit dem Bild soll man vom kollektiven Gespräch über das Bild hin zum individuellen Schreiben kommen
(bei jüngeren Klassen: eher Texte im Kollektiv verfassen lassen)
Möglichkeiten zum Schreiben:
a) Individuelle Wege ins Bild: z.B. Fensterblick ins Bild (Bilderrahmen als Fensterrahmen), Filmblick (Bild bewegt sich), Spaziergang (Bilderrahmen= geöffnete Tür), Gespräch (Unterhaltung mit Person im Bild), Meditation (ins Bild hineinversetzen)
b) persönliche Bilder: mehrere Bilder aufhängen, Schüler können sich ihr Bild aussuchen
c) Gang in die Galerie: Orte aufsuchen, wo sich die Bilder im Original befinden (Sinnbewusstsein wird so gestärkt)
4. Kreatives Schreiben zu Bildern
-Hilfen für die Praxis-
Kriterien für die Bildauswahl (nicht alle Kriterien müssen/können erfüllt werden):
- viele Details enthalten
- Bild hat expressiven Charakter
- gewisse Offenheit: Beziehungen und Handlungen sind nur angedeutet („eigene Phantasie
gefragt“)
- Bild zeigt Moment eines Geschehens (Frage nach davor und danach bleibt offen)
- Gesichtsausdrücke u.ä. sind interpretationsfähig
- Bild löst beim Betrachter Emotionen aus
>> Im Bild sind Leerstellen enthalten, die verschieden interpretiert werden können
>> Möglichkeit der intensiven Auseinandersetzung mit dem Bild > Idee entsteht > Idee wird zu Handlungsablauf entwickelt
>> genügend Bilder zur Auswahl stellen
>> genügend Zeit zur Auseinandersetzung mit dem Bild ermöglichen
5. Heranführung an Kreatives Schreiben zu Bildern (schrittweise Steigerung):
- eine Menge kleiner Vorfälle auf dem Bild entdecken > Anregung zum genauen und verweilenden Anschauen
- kleine Fortsetzungen zu einzelnen entdeckten Vorfällen auf dem Bild schreiben
- sich in eine Figur aus dem Bild hineindenken, Gedanken und Gefühle nachvollziehen, danach evtl. sogar Perspektive einer zweiten Figur erarbeiten
- begleitender Text zu einer Bilderreihe verfassen
- Geschichtsanfang weiterführen (Satz zu Bild gegeben)
- Fotos/Comics mit leeren Sprechblasen
- Brief aus Sicht einer Figur aus dem Bild schreiben
- Geschichten zu surrealen Bildern entwickeln (Titel des Bildes gegeben)
>> immer mehr zurückziehen und Kindern keine Richtung mehr vorgeben
6. Möglichkeit zum Einsatz in der Praxis
Arbeit mit surrealistischen Bildern im Deutschunterricht als Zugang zu moderner Dichtung
Problem :
Schüler haben oft große Probleme mit Texten der modernen Dichtung oder Verweigern die Rezeption.
Lösungsvorschlag:
Die ungewohnte Rezeptionssituation nicht an sprachtexten sondern anhand einer Bildbetrachtung einführen.
Bildauswahl:
Surrealistische Bilder , weil ....
... sie nicht auf den reinen Abbildcharakter reduziert werden können.
... sie nicht konventionell realistisch sind, sich aber teilweise mit den Wirklichkeitserfahrungen der Schüler decken.
... sie eine Mischung aus deutlich erkennbaren Details und einer ungewöhnlichen Komposition sind.
... sie Schüler motivieren sich auf die Irritation einzulassen.
Unterrichtsvorschlag:
1.Stunde Schüler bekommen Bild als Kopie ausgeteilt.
Phase 1 spontane Äußerungen werden gesammelt.
Phase 2 Lehrer gibt Untertitel des Bildes. und geht kurz darauf ein.
Phase 3 Lehrer gibt kunsthistorische Hinweise.
2. Stunde Bildbeschreibung in 12 Sätzen. Sätze werden in einzelne Wörter zerschnitten. In Willkürlich gezogener Reihenfolge gezogen und aufgeklebt.
3. u. 4. Stunde der so entstandene Text wird überarbeitet die Wirkung zusammen mit dem Bild wird überprüft.
--> Teilweise ist dadurch die Bereitschaft der Schüler sich auf moderne Dichtung einzulassen erheblich gestiegen.